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Nachhaltige Lieferketten in Hotels

TUTAKA Blogartikel Nachhaltige Lieferketten in Hotels

Pia Marina Nitzschke (LinkedIn Kontakt) ist gelernte Hotelfachfrau und hat im Anschluss an ihre Ausbildung BWL mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeitsmanagement in Berlin studiert. Für ihre Abschlussarbeit war es ihr ein Anliegen, sich dem Themenbereich der Nachhaltigkeit in der Hotellerie zu widmen und so kam sie über ihr Praktikum in einer Berliner Hotelberatung mit TUTAKA in Kontakt. Zusammen mit dem TUTAKA Team sprach sie über die Herausforderungen in der nachhaltigen Beschaffung und entschloss sich, die nachhaltige Lieferkette von Verbrauchsgütern in Hotels zum Gegenstand ihrer Bachelorarbeit zu machen.

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Der Tourismus ist einer der am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige der Welt. (1) Bei einer Milliardenanzahl an jährlichen Touristen und unter Berücksichtigung dessen, dass bisher lediglich ein geringer Anteil der Weltbevölkerung regelmäßiges Reisen als selbstverständliches Konsumgut ansieht, muss eine Sensibilisierung dafür stattfinden, dass auch Entscheidungen im scheinbar Kleinen, zu einer immensen Hebelwirkung hinsichtlich potentiell negativer Umweltauswirkungen führen können.

In dieser Bachelorarbeit wurde sich dabei im Speziellen mit den entstehenden Abfallmengen beschäftigt, die sich durch die Wahl und Nutzung bestimmter Verbrauchsgüter in einem ausgewählten Segment der deutschen Hotellerie ergeben können.

Denn mit rund 478 Mio. touristischen Übernachtungen in 2018 bewegt sich der Tourismus alleine in Deutschland in einer Größenordnung bei der die entstehenden Abfallvolumina erheblich sein können – insbesondere im Bereich von Wegwerfprodukten, also Produkten, die per Definition nur für den einmaligen Gebrauch konzipiert sind und somit pro Gast und Handlung anfallen.

Kaum Mehrweg Gebrauch und überholtes Konsumverhalten

Problematisch ist dabei nicht nur das Prinzip des Einmalgebrauchs sondern auch die Mentalität der Nutzer:innen, die dazu neigen ihre Verhaltensweise zu verändern, sobald sie das eigene Umfeld verlassen (Stichwort Überkonsum) und zudem durch eine begrenzte Aufenthaltsdauer und stetig steigende Mobilität schwerer für die Auswirkungen ihrer Handlungsweise moralisch verantwortlich gemacht werden können. Da dieses Verhalten des Gastes, als Individuum mit eigenständiger Persönlichkeit und differierenden Sichtweisen und Prioritäten, schwerer zu beeinflussen ist, gilt es den Hotelbetrieb als solchen in die Verantwortung zu nehmen.

Die Umweltauswirkungen, die für den einzelnen Betrieb gering und somit potentiell irrelevant erscheinen, können multipliziert mit der Menge an Betrieben und Gästen, eine enorme Hebelwirkung entwickeln. Nimmt man sich eines sehr vereinfachten Rechenbeispiels an, ergeben sich folgende Werte:

Bei einem 3-Sterne Hotel mit, dem Bundesdurchschnitt entsprechend, 80 Zimmern, das, dem Durchschnitt entsprechend, zu rund 62 % im Jahr belegt ist und in dem jeder Gast bei seinem Aufenthalt ungefähr 1 Duschgel mit 30 ml Inhalt zu 60 % verbraucht, ergeben sich pro Jahr ca. 1.385 t Kunststoffmüll durch einzelverpacktes Duschgel. Da dieses in den seltensten Fällen vollständig geleert wird, kommen rund 1,6 Mio. Liter unverbrauchter Inhalt hinzu, der dem Restmüll zugeführt wird.

Wertschöpfungsphase, Produktlebenszyklus und gesamtheitliche Verantwortung

Es stellt sich die Frage, inwiefern der Hotelbetrieb selbst die Möglichkeit hat, diesen Abfallmengen in einem sinnvollen Rahmen entgegen zu wirken. Es gilt, Verbrauchsgüter zu verwenden, die in ihrem Grundprodukt, in ihren Wertschöpfungsphasen und ihrem Produktlebenszyklus einer nachhaltigen unternehmerischen Verantwortung gerecht werden. Doch wie übernimmt man gesamtheitlich Verantwortung, wenn ein Zukauf von Gütern auch bedeutet, einen Teil der jeweiligen Produktverantwortung auf Wertschöpfungspartner außerhalb des eigenen Betriebes zu übertragen? Wie kann man im Sinne einer nachhaltig orientierten Lieferkette einer ökonomischen, gesellschaftlichen und ökologischen Verantwortung in jedem Abschnitt der Lieferkette nachkommen?

Eine Möglichkeit sich dieser Verantwortung zu stellen, ist eine prozessbasierte Herangehensweise an den Aufbau und die Beteiligten der eigenen Lieferkette. Bei dieser Herangehensweise wird die Lieferkette des Produktes systematisch erarbeitet, potentielle Nachhaltigkeitsauswirkungen benannt und bewertet, Maßnahmen abgeleitet, interne Strukturen und Prozesse angepasst sowie letztlich entsprechende Anforderungen an bestehende oder neue Lieferant:innen formuliert, die den eigenen Ansprüchen an eine nachhaltige Lieferkette gerecht bzw. gerechter werden. Der Prozess selbst kann jedoch gerade in kleineren Individualbetrieben, ohne Bindung an internationale Ketten oder Gruppen, zu Herausforderungen führen und viel (Human-)Kapital binden. Es ist für den einzelnen Hotelier daher von Interesse, wie dieser Prozess strukturiert werden kann und welche Prozesselemente dabei explizit von Bedeutung sein können.

Im Zuge dieser Bachelorarbeit wurde hierzu ein exemplarischer Leitfaden erarbeitet, der den Hotelier beispielhaft durch die sieben Prozessschritte führen soll. In diesem Leitfaden wird deutlich, dass insbesondere der fünfte Schritt, das Formulieren von Anforderungen an Lieferant:innen und die Lieferantenauswahl, ein wesentliches Element ist, um Einfluss auf die nachhaltigere Ausrichtung der eigenen Lieferkette zu nehmen. Neben der Implementierung von Verhaltenskodizes für bestehenden Lieferanten, die die Verpflichtung beinhalten können, dieses Verhalten auch bei den jeweils vorgelagerten Zulieferern vertraglich einzufordern und die durch ihren nachträglich einfordernden Charakter oftmals auf Widerstand stoßen, gibt es auch die Möglichkeit über Ausschreibungen neue Lieferant:innen zu suchen. Bei einer Ausschreibung können neben klassischen Zuschlagskriterien, wie dem Preis, auch die Umweltverträglichkeit oder soziale Aspekte des Produktes und seiner Herstellung vorab definiert werden. Dies ermöglicht es dem Hotelier von Beginn an, Zulieferer auszuwählen, die die gewünschten Anforderungen an eine nachhaltige Lieferkette und somit an das nachhaltige Produkt erfüllen

Mit Hilfe dieser Arbeit gibt Pia nicht nur konkrete Handlungsempfehlungen, sondern hebt auch das grundlegende Verständnis für das empfindsame und voneinander abhängige Verhältnis von Tourismus und Umwelt hervor.

Zusammenfassung:

  • Es muss eine Sensibilisierung stattfinden über Art und Ausmaß der durch den Tourismus verursachten Umweltauswirkungen.
  • Besonders verheerend sind dabei die Abfallmengen und die Neigung zu Überkonsum.
  • Die Auswirkungen einzelner Hotelbetriebe verursachen kumuliert eine enorme Hebelwirkung.
  • Ein Ansatz für die Verringerung der Negativ-Auswirkungen ist die Analyse der eigenen Lieferkette.
  • Pias Bachelorarbeit beinhaltet einen exemplarischen Leitfaden für Hoteliers mit insgesamt sieben Prozessschritten.

Autorin: Pia Marina Nitzschke

1) Auch wenn sich das Coronavirus derzeit stark auf das Reisen auswirkt, wird der Tourismus in einigen Monaten wieder Fahrt aufnehmen. Wichtiger denn je ist die Realisierung, dass die Ausbreitung von Krankheiten wie Covid-19 und die Zerstörung intakter Ökosysteme unmittelbar zusammengehören. Umweltschutz geht Hand in Hand mit dem Schutz des eigenen Unternehmens und dem Aufbau eines resilienten Geschäftsmodells.

Die vorliegende Arbeit zeigt, dass auch scheinbar unbedeutende Faktoren, wie die Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Verbrauchsgut im Hotel, durch Hebelwirkungen bei einer Milliardenanzahl an Gästen weltweit, einen immensen Einfluss auf die ökologische, soziale sowie ökonomische Nachhaltigkeit nehmen kann.

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Bei komodea setzen wir uns dafür ein, den Wandel zu einer nachhaltigen Zukunft durch die Transformation des Einkaufs voranzutreiben. Wir sind davon überzeugt, dass der Schlüssel zu einer zukunftsorientierten Gesellschaft in der Art und Weise liegt, unter welchen Bedingungen wir produzieren, handeln und konsumieren.

Deshalb konzentrieren wir uns darauf, Einkäufer:innen zu unterstützen, Produkte nach ihrem ökologischen Fußabdruck zu bewerten, bewusster einzukaufen und Abfall und Emissionen in der gesamten Lieferkette zu reduzieren.